Forschung und Wissenschaft

Um Verhalten von Tieren verstehen zu können, ist es unabdingbar, Forschungen zu betreiben. Dies war in der Vergangenheit ein wichtiger Baustein in der Biologie. Eigene Studiengänge zum Thema Verhaltensforschung können nach dem Grundstudium belegt werden. Man kann sich zum Verhaltenstherapeutisch arbeitenden Tierarzt ausbilden lassen oder als Biologe in der Ethologie arbeiten. Die Verhaltensforschung ist in der Wissenschaft eine recht junge Disziplin. Zwar gehen die ersten Verhaltensstudien bereits auf Darwin zurück, doch dann verlor sich das Interesse bis vor einigen Jahrzehnten. Seit Mitte des 20.Jahrhunderts ist jedoch das Verhalten von Tieren und vor allem das der domestizierten Haustiere erneut in den Fokus des Interesses gerückt. So haben sich in den 1970-er Jahren einige Etholgen mit ihren Beobachtungen und Gedanken einen Namen gemacht. So waren die Sendung "Sterns Stunde" von Horst Stern, aber auch Grzimeks "Serengeti darf nicht sterben" im Fernsehen feste Institutionen. Auch in der Literatur finden sich einige Aufzeichnungen wie zum Beispiel von Vitus B.Dröscher, der als Zoologe und Psychologe einer breiten Öffentlichkeit bedeutsame Erkenntnisse der Verhaltensbiologie vermittelte. Er schrieb für große bedeutende Zeitungen wie Die Zeit, Die Welt und die FAZ. Weniger bekannt hingegen waren zeitgleich die Arbeiten von Helmut Hemmer, der sich speziell mit der Domestikation von Haustieren beschäftigte. Auch die Arbeiten von Eberhard Trummler und Wolf Herre, denen wir heute wesentliche Erkenntnisse der Haushund-Entwicklung zu verdanken haben, führten zunächst ein Schattendasein. Wolf Herre erforschte vor allem die Anatomischen Veränderungen, die aus dem Wolf einen Hund werden ließen, während Eberhard Trummler (1923-1991)sich vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Konrad Lorenz (1903-1989) und Irenäus Eibl-Eibesfeldt (*1928) und die gemeinsame Gründung der Gesellschaft für Haustierforschung einen Namen machte.
Eigentlich kann man sagen, daß das öffentliche Interesse vor allem in Bezug auf das Hundeverhalten erst geweckt war, als es die ersten dramatischen Angriffen von Haushunden gab. Die notwendigen Gutachten und das öffentliche Interesse drängten die Wissenschaft nahezu in die Verantwortung, Antworten zu geben, warum es zu diesen tödlichen Unfällen kommen konnte. Die Grundlage dafür waren die umfassenden Forschungen vor allem aus Kiel vom Kieler Institut für Haustierkunde und hier im Wesentlichen von Erik Zimen und Prof.Wolfgang Herre in den 1970-er Jahren, aber auch Dr.Dorit Feddersen Petersen, die in jahrelanger Detailarbeit wesentliche Erkenntnisse zum Ausdrucksverhalten des Wolfes und Wolf-Haushundmischlingen unter Gehegebedingungen erforscht hat. Tatsächlich stammt die Erkenntnis, daß der Hund vom Wolf abstammt und nicht etwa wie Konrad Lorenz zunächst vermutete, vom Goldschakal, aus Norddeutschland vom Kieler Institut für Haustierkunde.
 In den 1990-er Jahren und danach machten sich vor allem Günter Bloch, Udo Ganßloser und Ellie H. Radinger einen Namen unter anderem mit ihren Freilandbeobachtungen an Wölfen in Kanada und Forschungen im Bereich des Sozialverhaltens von Hunden und Wölfen.
All diese Wissenschaftler und noch andere, haben die Grundlagen geschaffen, Haushunde heute besser zu verstehen. Und die Forschungen gehen weiter. So finden weltweit derzeit viele Untersuchungen und Studien statt, die sich zum Beispiel mit den kognitiven Fähigkeiten von Haushunden beschäftigen. Adam Miklosi aber auch Dr.Juliane Kaminski und Kurt Kotrschal sind nur einige der namhaften Wissenschaftler mit zum Teil bahnbrechenden Erkenntnissen. Ein überaus spannender Bereich und wichtige Ergebnisse jahrelanger Forschungsarbeit, der das Bild vom Haushund immer vollständiger werden lässt.
Und doch fehlt aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Bereich, nämlich die Erforschung des Haushundeverhaltens an einer Spezies, auf die die Mehrzahl unserer Haushunde ursprünglich zurückgeht - der Südwolf und die Spezies, die zwischen Südwolf und Haushund entstanden ist - der Pariahund.
Laut Helmut Herre ist der Südwolf in seinem Verhalten wenig bis gar nicht erforscht, unterscheidet sich aber in wichtigen Bereichen vom Nordwolf. So schreibt Herre in seinem Buch "Domestikation - Verarmung der Merkwelt": "Sie (die Südwölfe Anm. Autor) neigen mehr zum Einzelgängertum oder paarweisen Leben, bzw. leben höchsten in kleinen Gruppen. In dieser Hinsicht ähneln sie eher Coyotes als Nordwölfen. Näheres ist vorerst noch nicht bekannt, da an Südwölfen noch keine vergleichenden intensiven Verahltensbeobachtungen unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt wurden." (S.37/38)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen